Der Wärmepumpe-Durchbruch und die Rolle von Smart Metern

Um Klimaneutralität im Gebäudesektor zu erreichen, braucht es die Wärmewende. Eine weitere gesetzliche Anforderung soll nun den Wandel beschleunigen: Neue Heizungsanlagen dürften ab dem 01.01.2024 nur mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Von Smart Metern angesteuerte Wärmepumpen rücken deshalb in den Mittelpunkt. Sie können Energie in wind- und sonnenreichen Zeitfenstern in Form von thermischer Energie im Puffer- oder Brauchwasserspeicher des Heizungssystems speichern und diese nachts oder bei “Dunkelflauten” bereitstellen.
Wärmepumpen und Smart Meter
Die letzten Monate haben die Dringlichkeit und Tragweite der Herausforderung deutlich gemacht: Zur Erreichung der Klimaziele und Entlastung von Unternehmen und Privatleuten muss die Wärmewende hin zu klimaneutralen Gebäuden radikal beschleunigt werden. Der Handlungsdruck ist nicht zu übersehen: Zum zweiten Mal in Folge verfehlte der Gebäudesektor das gesetzlich festgelegte Klimaziel. Gleichzeitig nehmen die gestiegenen Heizkosten für zahlreiche Familien ein existenzbedrohendes Ausmaß an.

Zur Bewältigung dieser doppelten Herausforderung rückt eine Technologie besonders in den Mittelpunkt: die Wärmepumpe. Zum Ersatz der heute laufenden Öl- und Gaskessel sollen laut dem Szenario „Klimaneutrales Deutschland 2045“ rund sechs Millionen Wärmepumpen installiert werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 154.000 neue Heizungs-Wärmepumpen eingebaut. Hauseigentümer installierten 2021 trotz sehr guter Förderkulisse immer noch fast fünfmal so viele Gaskessel wie Wärmepumpen.

65-Prozent-Regelung soll Ausbautempo beschleunigen

Um das Ausbautempo von Wärmepumpen zu beschleunigen, ist eine wichtige gesetzliche Regelung vorgesehen: Neue Heizungsanlagen sollen ab dem 01.01.2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Die sogenannte 65-Prozent-Anforderung würde für Neubauten sowie Heizungsanlagen in bestehenden Gebäuden gelten und somit reine öl- und gasbefeuerte Anlagen ausschließen. Es gilt jedoch, die 65-Prozent-Regel konsequent auszugestalten und im neuen Gebäudeenergiegesetz zu verankern. Für Ende Oktober war ein Gesetzentwurf angekündigt worden, jetzt soll er Ende November kommen. Diese neue Anforderung würde dem Wärmepumpen-Rollout zweifelsohne den notwendigen Rückenwind verleihen.

Smart Meter & Wärmepumpen

Smart Meter, wie bereits heute im Bereich der Elektromobilität, werden auch beim effizienten Betrieb von Wärmepumpen eine entscheidende Rolle spielen. Schon jetzt sind fast alle auf dem Markt erhältlichen Wärmepumpen “Smart Grid ready”. Das bedeutet, dass eine Wärmepumpe über eine definierte Schnittstelle verfügt, um sie etwa über den intelligenten Stromzähler oder eine andere Regelungstechnik (Energiemanagementsystem oder Wechselrichter) anzusteuern. So kann ihr Betrieb möglichst klima- und systemdienlich optimiert werden.

Damit würde der Antrieb des Wärmepumpenkompressors hauptsächlich nur dann funktionieren, wenn es überschüssige Energie vom eigenen Dach gibt oder bei günstigen Preisfenstern variabler Stromtarife. Wärmepumpen sollen auf diese Weise einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten. Die aufgenommene Energie bliebe so in Form von thermischer Energie im Puffer- oder Brauchwasserspeicher des Heizungssystems gespeichert und stünde in sonnen- und windarmen Perioden zur Verfügung.

Wärmepumpen im Gebäudebestand

In Ein- oder Zweifamilienhäusern haben sich Wärmepumpen längst bewährt. Mit der 65-Prozent-Anforderung ergeben sich allerdings neue Einsatzbereiche, in denen Wärmepumpen bisher wenig verbreitet sind. Auch wenn bislang Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern noch nicht in Breite eingesetzt werden, ist generell auch in diesem Bereich deren Anwendung möglich und wird bereits zur Deckung des Wärme- und Warmwasserbedarfs praktiziert.

In Mehrfamilienhäusern mit Zentralheizung kann etwa eine Lösung darin bestehen, den vorhandenen Gas- oder Ölkessel durch eine zentrale Wärmepumpe zu ersetzen. Die notwendige thermische Leistung kann dabei entweder mit einer zentralen Wärmepumpe oder mit einer Kaskade von Wärmepumpen abgedeckt werden. Dennoch macht es die Heterogenität der baulichen Situationen erforderlich, dass mehrere Konzepte und Standardlösungen entwickelt werden.

Wärmesektor will keine Option ausschließen

Ein Blick in einige Nachbarländer sollte die deutsche Wärmepumpen-Branche zuversichtlich stimmen: In Schweden haben Wärmepumpen heute einen Marktanteil von 90 Prozent und heizen auch an kalten Wintertagen Gebäude zuverlässig. Auch in den Niederlanden hat sich der Ausbau von Wärmepumpen seit 2014 nahezu verzehnfacht. Aus dem Wärmesektor gibt es jedoch auch Stimmen, die zur Vorsicht mahnen: Wärmepumpen seien demnach zwar technisch in 60 Prozent aller Gebäude einsetzbar, aber wirtschaftlich im Vergleich zu gas- oder wasserstoffbasierten Wärmeerzeugern weiterhin fragwürdig. „Der Wärmemarkt ist ein vielfältiges Puzzlespiel“, schlussfolgern einige Experten, „bei dem man keine Option ausschließen sollte“.

Autor: Pablo Santiago

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