Intelligent, flexibel und selbstversorgend: Die Rolle von Microgrids im dezentralen Energiesystem

Dezentralität ist das Wort der Stunde, zumindest auf dem Energiemarkt. Microgrids spielen dabei eine immer wichtigere Rolle: Als kleinste, aber unverzichtbare Bestandteile des Smart Grids sorgen sie dafür, dass regenerative Energien verbrauchsnah erzeugt und gespeichert werden. Indem Sie außerdem auf Netzanforderungen, dynamische Strompreise oder Wetterprognose reagieren können, tragen sie entscheidend zur Versorgungssicherheit bei. Das Wichtigste rund um Microgrids haben wir für Sie in diesem Artikel zusammengefasst.
Was sind Microgrids
Steigende Energiekosten, knappe fossile Rohstoffe, umweltpolitische Regularien oder begrenzte Möglichkeiten beim Ausbau der Übertragungsnetze. Vieles spricht bereits für einen Paradigmenwechsel, der sich seit Langem abzeichnet: Der Wandel der bisher zentral organisierten Versorgungsstruktur hin zu einem dezentralen System, in dem regenerative Energien nah beim Verbraucher erzeugt und gespeichert werden.

Für mehr Dezentralität im neuen Energiesystem sorgen sogenannte Microgrids, häufig übersetzt als Insel- oder lokale Netze. In der Praxis ist ein Microgrid nichts anderes als ein Verbund von Energieerzeugern, Speichereinheiten und Verbrauchern, der als klein dimensioniertes, selbstversorgendes Energienetzwerk funktioniert und somit eine erhöhte Energieautarkie aufweist.

Häufig kommen in Deutschland vor allem photovoltaik-basierte Microgrids zum Einsatz, welche durch eine grundlastfähige Energiequelle ergänzt werden. Dabei handelt es sich oft um Blockheizkraftwerke oder perspektivisch wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen. Diese grundlastfähigen Energiequellen federn die natürlichen Schwankungen von Sonne und Wind ab und stellen so die Strom- und Wärmeversorgung jederzeit sicher. Speicher- und Lademöglichkeiten runden häufig die Infrastruktur des Microgrids ab, welche über einzelne Gebäude hinaus auch ganze Viertel oder Städte umfassen können. Die Energieversorgung ist damit nahezu klimaneutral.

In dieser Konstellation sind Microgrids die kleinsten, zugleich aber auch bedeutendsten Bestandteile des Smart Grids, des intelligenten Stromnetzes der Zukunft, in dem die Akteure dank Smart Metern digital vernetzt sind, um Energieangebot und -nachfrage stets im Gleichgewicht zu halten.

Vorteile der Microgrids für Netz und Kunden

Auch wenn Microgrids mit einigen Herausforderungen einhergehen, sind Ihre Vorteile als dezentraler, disruptiver Ansatz unbestreitbar. Indem das Potenzial vieler kleiner Energieerzeuger auf lokaler Ebene ausgeschöpft wird, werden Übertragungsnetze entlastet und Lastspitzen minimiert. Eine Reduktion der Leitungsverluste erhöht zudem die Energieeffizienz solcher lokalen Energiesysteme.

Doch Microgrids weisen nicht nur netzdienliche Vorteile auf. Sie sind ferner ein unschlagbares Instrument, um möglichst vielen Verbrauchern eine Teilhabe an der Energiewende zu ermöglichen. So sorgen Microgrids für niedrigere Energiepreise, zu einem wegen des kompletten oder partiellen Wegfalls der Netzentgelte, zum anderen weil die Betreiber einen größeren Spielraum in Bezug auf Preisgestaltung haben.

Microgrids und die Rolle von intelligenter Messtechnik

So wichtig Erzeugungs- oder Speichertechnologien auch sein mögen, die Realität ist auch, dass Microgrids ohne digitale Messtechnik nicht auskommen können. Smart Meter sind dabei für die Strommengen-Abgrenzung verantwortlich, sprich die Nachvollziehbarkeit der erzeugten, verbrauchten oder gespeicherten Strommengen unter allen Akteuren des lokalen Netzes. Dies ist möglich, weil Smart Meter nach Vorgaben von meist eigens zugeschnittenen Messkonzepte installiert werden. Intelligente Messsysteme sind also in Microgrids die Bindeglieder, die aus den verschiedenen Akteuren ein organisches, effizientes System bilden.

Die Einrichtung von knapp 1000 solcher Microgrids hat inexogy als wettbewerblicher Messstellenbetreiber bewerkstelligt. Bei den meisten handelt es sich um gebäudebezogene Mieterstrom-Projekte, aber auch auf Quartierebene haben wir bereits zusammen mit unseren Partnern praktische Erfahrungen im Feld gesammelt und die ersten Projekte zur Entwicklung zukunftsfähiger Quartiere durchgeführt – weitere Information zu diesem Thema erhalten Sie in unserem Webinar.

Lastverschiebungspotenziale durch Smart Meter erschließen

Smart Meter sind jedoch nicht nur für die Messung und Nachvollziehbarkeit von Energieflüssen in Microgrids zuständig. In Zusammenspiel mit geeigneter Infrastruktur bilden sie auch die technischen Grundlagen für ein flexibles Lastmanagement (DSI – Demand Side Integration), wodurch verfügbare Kapazitäten verschoben, Lastschwankungen minimiert und Lastspitzen im übergeordneten Netz vermieden werden. Durch diesen flexiblen Ansatz entfalten Microgrids ihr volles Potenzial und tragen zur Resilienz des gesamten Energiesystems bei.

In erster Linie gilt dies für die Elektromobilität und den Betrieb von Stromspeichern und Wärmepumpen. Aber auch in Haushalten und Gewerben verbergen sich zahlreiche Lasten, die auf Zeitfenster mit ausreichender Verfügbarkeit regenerativer Energien verschoben werden können. So können Microgrids die eigene Selbstversorgung optimieren oder in günstigen Zeiträumen gemeinsame Stromeinkäufe veranlassen, um unter anderem Speicher und Elektromobile aufzuladen. In naher Zukunft werden zudem Elektroautos in der Lage sein, den Ladestrom ins Netz zurückzuspeisen, was noch einmal die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Microgrids stärken wird.

Deutschland braucht mehr nachhaltige Microgrids

Die aktuelle Energie- und Klimakrise macht eines deutlich: Das alte zentralistische System der Energieerzeugung und -verteilung hat ausgedient. Stattdessen ist ein dezentraler Ansatz erforderlich, bei dem Microgrids den direkten Energieverbrauch am Erzeugungsort ermöglichen. Indem sie zudem auf dynamische Strompreise, Netzanforderungen oder Wetterprognosen reagieren, werden Microgrids eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung unserer Gesellschaft spielen.

Autor: Pablo Santiago

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